"Herkunftssprache: Sprachvarietät, vielfach die Erstsprache, von Personen oder Gruppen, die migrieren, um in einem anderen Staat zu leben. Sie müssen sich sprachlich an ihre neue Umgebung anpassen und sie müssen, zumindest teilweise, die Sprache oder die Sprachen des Aufnahmelandes erlernen". (Language Policy Division (2007), Guide for the development of language education policies in Europe - from linguistic diversity to plurilingual education. Main Version. Council of Europe. Strasbourg, 115. Hier herunterladen. Zugriff: 18. Juni 2009). [Übersetzung ins Deutsche von Franziska Plathner]. "Die Herkunftssprache wird als die individuelle => Erstsprache [oder Muttersprache ] von Menschen bezeichnet, die sich in einer Aufnahmegesellschaft mit einer von der Sprache/ Sprachvarietät ihres Herkunftslandes differierenden Sprache befinden. Der Terminus wird vor allem in Zusammenhang mit Migrationsprozessen verwendet, da er der räumlichen, kulturellen und sprachlichen Distanz zwischen Herkunfts- und der neuen Umgebungssprache Ausdruck verleiht. Die Herkunftssprache trägt wesentlich zur Signalisierung von Gruppenidentität bei" (Extra/Verhoeven, 1999, 9). Der Erwerb der Herkunftssprache findet bei MigrantInnen vor der Emigration direkt im Herkunftsland statt. In den nachfolgenden Generationen wird die Herkunftssprache im Immigrationsland innerhalb der Familie an die Kinder weitergegeben (sog. „intergenerationale Transmission“ nach Brizić, 2007, 197). Sie hat daher häufig die Domäne einer Familiensprache oder Gruppensprache inne, im Gegensatz zur Zielsprache des Immigrationslandes als Bildungs- und Umgebungssprache (Extra/ Verhoeven, 1999, 9f). Besonders ab der zweiten Generation ist eher von einer Familien- oder Elternsprache zu sprechen, da sie für diese SprecherInnen zwar die Sprache des Herkunftslandes von immigrierten Familienmitgliedern ist, aber sie über die eigentliche Herkunft oder den Geburtsort der Folgegeneration nichts mehr aussagt.
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Weitere Termini, die im Deutschen in einer ähnlichen, z.T. synonymen, Bedeutung zu Herkunftssprache verwendet werden, sind: Familiensprache, Elternsprache, Migrantensprache, Erstsprache oder Muttersprache. Ebenso wie die englischen Begriffe heritage language (im Sinne der Sprache als familiärem und kulturellem Erbe) und home language (im Sinne der Sprache der Heimat oder auch des familiären Zuhauses) haben all diese Begriffe allerdings nicht exakt dieselbe Bedeutung wie der Terminus Herkunftssprache, sondern transportieren jeweils unterschiedliche Konnotationen bzw. unterstreichen unterschiedliche inhaltliche Aspekte.
Quellen: Brizić, Katharina (2007): Das geheime Leben der Sprachen. Gesprochene und verschwiegene Sprachen und ihr Einfluss auf den Spracherwerb in der Migration. Münster [u.a.]: Waxmann; Extra, Guus & Verhoeven, Ludo (1999): Bilingualism and migration. Berlin [u.a]: Mouton de Gruyter.
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[Kommentar erstellt von Franziska Plathner]"
"Dies wirft ebenfalls die Frage nach der Anerkennung der Muttersprachen von Migrantenkindern auf, die auf eine Art vergleichbar ist mit der Anerkennung von etablierten nationalen Minderheiten. Diese Sprachen gehen vielleicht verloren und sind in der dritten oder vierten Generation lediglich noch ererbte Sprachen. ‚Ethnic mobilization‘ rund um das Thema kulturelle Identitäten muss nicht zwangsläufig auf die Vermittlung von Herkunftssprachen ausgerichtet sein. (Language Policy Division (2007), Guide for the development of language education policies in Europe - from linguistic diversity to plurilingual education. Main Version. Council of Europe, 23. Strasbourg. Hier herunterladen. Zugriff: 18. Juni 2009). [Übersetzung ins Deutsche von Franziska Plathner].
[…] Sprachvarietäten des Herkunftslandes werden oft als Erstsprache (L1) im Prozess der primären Sozialisation erlernt und sie werden als Gruppensprache benutzt. (Extra, Guus & Verhoeven, Ludo. (1999), Bilingualism and migration. Mouton de Gruyter. Berlin [u.a.], 14). [Übersetzung ins Deutsche von Franziska Plathner]
„Typisch sind eher Familien, in denen die Herkunftssprache den größten Anteil an der Kommunikation hat, die deutsche Sprache aber daneben in einem gewissen Umfang verwendet wird, wobei die Kinder in der Regel zu einem etwas umfänglicheren Deutschgebrauch tendieren [Anm: Bsp. aus Deutschland]. […] Für kleine Kinder, die in der Familie aufwachsen, bedeutet dies, dass die Herkunftssprache vielfach als Grundlage ihrer sprachlichen Entwicklung anzusehen ist.“ (Ehlich, Konrad. (2005), Anforderungen an Verfahren der regelmäßigen Sprachstandsfeststellung als Grundlage für die frühe und individuelle Förderung von Kindern mit und ohne Migrationshintergrund. Bundesministerium für Bildung und Forschung. Bonn [u.a.], 131)."
Begriff auf Englisch:
language(s) of origin
“Language of origin: language variety, often the first language, of persons or groups who have moved to live in other States. These speakers must adapt linguistically to the new environment and learn, at least partially, the language (or languages) of the host country.” (Language Policy Division (2007), Guide for the development of language education policies in Europe - from linguistic diversity to plurilingual education. Main Version. Council of Europe. Strasbourg, 115. Download here. Access date: June 18, 2009).